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Apr 7 2021 Vom Berühren eines Risses
Für den Erblindeten ist das Fehlen eines visuellen Bildes die Freisetzung einer Flut von inneren Bildern, in die ihn alle seine Sinne von allen Seiten her hineinstoßen. Berührt der Erblindete Gegenstände, so äußert sich diese Berührung in Gestalt von Bildern, die in ihm entstehen. Ähnlich das Geräusch, der Geruch: ohne ein visuelles Bild überfluten den Blinden all seine Sinneserfahrungen mit Bildern, weil sie eben von keinem visuellen Bild in Schach gehalten werden, sie von ihnen dominiert, ja domestiziert werden, kein visuelles Bild sie hinter sich schiebt, sie hinter sich versteckt.
Mär 12 2021 Die Wiedergänger oder "Die Gliedmaßen in den Körpern sammeln"
Der folgende Text ist streckenweise ein Protokoll der körperlichen Wirkung von Zitaten einer Deskription, genauer, ihrer Verkörperung, vielleicht Einkörperung. Ein Protokoll einer Körperwerdung des Tanzes aus dem Wort, die Geburt des Tanzes aus dem Geist des beschreibenden Wortes, die Tanzwerdung als Erinnerung seiner Bewegungen aus den gespürten Bewegungen der Xenia Taniko, die in ihrer Wortwahl den Blinden derart ansteckend begegnet, dass sich aus ihren Beschreibungen der Tanz selbst im Körper des Blinden niederschlägt.
Feb 9 2021 Mauerfall und Wiederholung
Solange er sah, stieß er immer wieder an diese Mauer. Sie machte aus Kreuzberg ein Dorf mit einer ganz eigenen Lebensphilosophie und einer rebellischen Lebenshaltung über die radikale Politszene hinaus. Dort erlebte er die massenhafte Enteignung von Wohnraum, dort erlebte er eine Politisierung des Alltags bis in eine Mikrostruktur hinein, deren Gedankengebäude vom Merve Verlag und dem Rhizom Kollektiv mit ihrer Kneipe in Schöneberg, vom Buchladen Schwarze Risse in Kreuzberg von Kneipen wie dem Slainte in der O-Straße oder dem Schlemihl in Kreuzberg 61 und nicht zuletzt vom Spektrum, dem späteren EX ausstrahlten.
Jun 23 2020 Konzepte zu einigen Fotos von Gerald Pirner, gezeigt in der Ausstellung Schmerz und Berührung in der Brotfabrik Berlin.
Bringt die Bildbeschreibung den Blinden den Inhalt eines Bildes näher, ist es das Konzept der Bilder blinder Fotograf*innen, das die Umsetzung ihrer inneren Bildern in Fotografie zeigt.
Mär 23 2020 Die Haut und was unter dem Bild ist
Über Early Boarding in aller Ruhe in den Saal und ganz nach vorn. Die Tänzerinnen sind schon auf der Bühne und einige wärmen sich auf, der Ton, mit dem der Abend später begonnen werden wird, ist als Einstimmung bereits zu hören.
Dez 17 2019 Traumräume in Glas
Am Anfang war die Idee und die Idee will konkretes Bild werden. Wunsch, Sehnsucht, erfülltes Leben. Die Verfestigung eines Gedankens, einer Gedankenfolge in einem Symbol, vielleicht einer Bildmetapher. Das Surreale eines Bildes in seiner unabsehbaren Konsequenz: da radelt eine rote Ente in Richtung Meer und vielleicht nicht nur um den festen Boden schneller zu überwinden, vielleicht um den Grund des Meeres gleich auch mit zu durchfahren: Die erste Atlantikdurchradlung?
Nov 21 2019 Klopfzeichen aus dem Körperdunkel
Der absolute Orientierungsverlust kaum dass der Blinde den historischen Hauptraum hinter dem Vorhang betreten hat, einen Raum, den er von früheren Ausstellungen her zu kennen glaubte. Ein undifferenziert dröhnendes Klanggewaber, das in Wellen, dann wieder in metallischem Schnitt auf ihn eindringt.
Sep 2 2019 Die Geburt des Bildes aus dem Geist des Tanzes III: Die lebende Skulptur
Richtungen in Schritten angezeigt. Die Sehenden allein sehen wohin die Schritte gelenkt werden. Dem Blinden eröffnet sich etwas, was dem Geschehen einen Raum gibt, etwas, das sich allein dadurch auszeichnet, dass Handlungen einen Ort, eine Möglichkeit haben sich zu vollziehen. Eine Möglichkeit wird eröffnet, ein Ort gegeben, dass es Geschehen könne, keine Äußerung darüber, was es sei, was da geschehe nur welche Geräusche die Handlung hinterlässt, wenn sie geschieht. Was aber geschieht und was kann der Blinde mit Gewissheit behaupten. In einer Welt, in der einem Blinden der ausgewiesene Hauptsinn fehlt, wird er zum Haupt allen Sinnes, des Sinns und der Sinne aus seiner Sinnlichkeit, sein ganzer Körper wird Auge. Allein der Glaube ist es, der ihm die Welt vermittelt, solange er sich auf die Beschreibungen der Sehenden verlässt, solange er sich auf seinen Glauben an Welt und Umwelt einlässt, die ihm von Sehenden als Welt vermittelt wird, deren Beschreibung er wieder nur glauben kann, lässt er sich nicht gänzlich auf seinen Körper ein, der ihm noch ganz andere Bilder vermittelt, die den Sehenden offensichtlich fehlen. Der Glaube, ohne den der Blinde keine Straßenkreuzung überquert, darf sich im geschützten Raum verabschieden, der Körper darf unkontrolliert den Schritt übernehmen, der Blinde hat einen Raum gefunden, wo er blind sein kann.
Aug 31 2019 Vor dem geheimen Zimmer
Das helle Bild größer als die anderen, die vor allem schwarz sind.
Aug 15 2019 Die Geburt des Bildes aus dem Geist des Tanzes II: Das verkörperte Bild
Hören, dem Hören nachhören. Schritte, Geräusche von Schritten. Geräusche von Bewegungen, von Kleidern in Bewegung. Stimmen, Männer, Frauen sprechend, flüsternd. Langsam verwandelt sich der Körper des blinden Zuhörers, füllt sich mit einem Raumvolumen, wird Raum, mehr als Raum, wird eine diffuse Bewegungsvielfalt, deren Vielstimmigkeit an Geräuschen und menschlichen Lauten und Äußerungen er in ihrem Verlauf in ihm sich ablagern, ja überlagern spürt. Aufmerksam beobachtet er sein Gedächtnis dabei, wie es Stimmen und Handlungen Namen zuzuordnen sucht, wie es dem sprachlichen Geschäft des Ordnens und Erkennens nachgeht.