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Jun 28 2023 Über Dialogisches Fotografieren
Unter einem blinden Fleck versteht man den Ort, von dem das Sehen einerseits ausgeht, der seinerseits aber nicht sichtbar ist.
Apr 4 2023 Der Rahmen
Wiener Straße Berlin. Ein Antiquitätenhändler im Souterrain. Ein Blinder streift mit den
Mär 5 2023 Dialogisches Fotografieren performt
Fotografieren ist für einen Blinden zu allererst ein Dialog.
Feb 12 2023 Nights and days in San Francisco
Gravity mit Jess Curtis schaffen es, die Performance zu einer performativen Erfahrung werden zu lassen, die den Prozess ihrer Erarbeitung fortwährend präsent hält. In einem absoluten Dunkel, in das hinein zu Beginn der Aufführung geführt werden muss, werden alle Zuschauer*innen einzeln hineingeführt.
Jan 25 2023 Ein schwarzes Etwas besucht die Bilder der blinden Fotografin Mary Hartwig (12.05.1950 – 22.04.2019) und spricht mit ihnen über ihre Herkunft
Ein blinder Mann steht im schwarzen Overall vor den Bildern seiner toten Kollegin. Er zieht sich eine Hassmaske verkehrt herum so auf, dass das ganze Gesicht bedeckt ist. Er zieht sich die Kapuze des schwarzen Hoodys, den er unter dem Overall trägt, über. Der ganze Kopf verschwindet in schwarzem Stoff. Er holt schwarze Lederhandschuhe aus dem Overall und zieht sie an. Mit dem Blindenstock erkundet er die Halle des U-Bahnhofs vor dem Schaukasten. Er geht mit ihm durch die Halle, fährt aber auch über die niedrige Decke der Station.
Okt 11 2022 Die Welt im Körper der Performerin
Das Bild, das Wort, das Zeichen, der Körper, die Welt mit ihrem Klang, mit ihren Lauten und Geräuschen: was ist davon lesbar, was bringt den Blinden die Haptic Access Tour in ihren Beschreibungen näher. In Gina Jeskes Audiodeskription findet sich der Blinde zwischen zwei Tribünen im rechten Winkel zueinander, davor Sitzpolster und Rollstuhlplätze. Die weiße Bühne in Form eines Diamanten, korrespondiert mit Zeichen, die auf Tapas projiziert werden. Zeichen, die sich aber auch als Tattoos auf den Händen der Performerin wiederfinden. Schlagwerk aus Holz, Trommel mit Klangschlitz, Woodblock, Klanghölzer, Kokosnussschalen, eine zusammengerollte Matte, mit einem Band zusammengehalten, die ebenfalls als Schlagwerk benutzt wird. Viel wird auf die Tapas projiziert werden und dann auch wieder nicht, denn nichts davon ist als Ganzes von einem jeden Platz einsehbar. Alle Projektion ist zerrissen und schwingt zwischen anwesend und abwesend . Pelenakeke Brown wird sehr viel mit den Händen und ihren Bewegungen arbeiten. Bei der Haptic Access Tour stellt sie die Bewegungen vor und Gina Jeske beschreibt das zu Sehende.
Sep 15 2022 Furcht und Gier
Das Grundproblem der Audiodeskription im Tanz ist sehr eng mit dem Kern des Tanzes, der Bewegung und ihrer Beschreibung verbunden. Die Bewegung sprachlich zu erfassen ist die allererste und zugleich niemals glücklich ganz zu lösende Schwierigkeit. Grundsätzlich stehen hier zwei Strategien zur Verfügung, die nach Meinung des blinden Autors nur ineinander greifend zu handhaben sein sollten, die niemals dogmatisch gegeneinander gelesen werden sollten. Da ist einerseits die, die Bewegung und den Bewegungsablauf zusammenfassende Beschreibung, die sich immer am Rande der zu vermeidenden Interpretation des Gesehenen bewegt, da ist andererseits die sehr detaillierte Beschreibung der einzelnen Bewegungen, die beim blinden Hörer nicht selten aber zur Verwirrung und zum Nichtverstehen führt.
Aug 18 2022 Von Sinnen als ästhetisches Prinzip
Blindheit heißt sich nicht allein von Sprache durch Welt führen zu lassen, es heißt die eigene Körpererfahrung körperlich ernst zu nehmen, um sich von den eigenen sinnlichen Erfahrungen durch Situation und Ereignis von Welt hindurchführen zu lassen.
Jul 20 2022 Gravity sucht einen Weg hinein in das Dunkel
Eine Idee sucht sich ihren Körper und findet zwei Sehende und einen Blinden, die ihr dabei behilflich sind. Eine Idee dekliniert sich nicht mehr allein in Worten durch, spielt sich hinein in mehrere Körper, bringt sie zu Ausdruck und lässt sie darin mit einander kommunizieren: bringt sie zum tanzen.
Apr 2 2022 Die Audiodeskription als Tanz durch die Bilder der Blindheit
Der blinde Körper sieht sich nicht. Zwar sieht auch der sehende Körper nur einen Teil von sich. Dennoch glaubt er, von sich als seinem Bild als von einem Ganzen sprechen zu können. Der Begriff, gestützt auf das Bild, unterstützt diese Illusion und ermöglicht so, dass Blinde und Sehende überhaupt vom Selben sprechen können, ohne vom ersten Moment an sich missverstehen zu müssen. Was Sprache hier leistet, ist einerseits eine Ermöglichung von Kommunikation zwischen beiden, es ist aber zugleich eine Einschränkung des Körpererlebens, eine Reduktion leibhaftiger Erfahrung. Während der Begriff den Körper wie seine Bewegung anspricht, beides sich als inneres Bild im Körper des Blinden sozusagen empathisch erahnen lässt, ist der eigentliche Vollzug der Körperbewegung ein Fleischwerden des Begriffes, das weit über den Prozess einer inneren Einbildung, einer Imagination, der Erahnung von Körperzustand wie Handlung hinausgeht. Das Fehlen eines gesehenen Bildes des eigenen Körpers, des eigenen Gesichts scheint zunächst ein Makel zu sein. Tatsächlich sind die Blinden dadurch gezwungen aus der Haut heraus sich und ihre Beziehung zur Welt zu erspüren, ohne dass ihnen dabei das Bild zur Hilfe käme. Das Fehlen des Bildes bedeutet aber auch die Möglichkeit einer Unmittelbarkeit, die Möglichkeit ohne Reduktion auf das Bild und seine Urteile und Vorurteile an Mensch und Welt herantreten zu können. Kein Mensch tritt aber ohne solcherlei Urteile an Mensch und Welt heran. Wir haben also immer einen ganzen Werkzeugkasten für die Beurteilung der Welt sowie für das Verhalten in der Welt. Kunst kann ein Teil eines solchen Werkzeugkastens sein und Zeitgenössischer Tanz ein sehr differenziertes Werkzeug für Betrachtung und Erleben von Welt. Blindheit wiederum ist der Körperlichkeit des Zeitgenössischen Tanzes von der Bildlosigkeit von vorneherein sehr nahe. Wird sie aber durch Audiodeskription dem Blinden vermeintlich nahe gebracht, wird sie, wenn es sich dabei um herkömmliche Beschreibungen von Handlungen und Formen handelt, in einer erneuten Reduktion verkrüppelt. Zeitgenössischer Tanz bietet die Möglichkeit in Haptic-Access-Tours durch körperliches Mit-Empfinden in einer Sprache, die auf die reale Fleischlichkeit von Körpern setzt, sich nicht nur in die eigentliche Performance hineinzuleben, sie erwirkt sich im Miterleben zugleich eine ganz andere Sensitivität für den eigenen Körper und seine Möglichkeiten. Zeitgenössischem Tanz beizuwohnen heißt, ein körperliches Denken kollektiv pflegen zu können, ein Denken sich anzueignen, das das ganze Denken noch einmal von einer ganz anderen Richtung in sich erfahren lässt: vom eigenen Körper aus denken, den Kopf nicht ausschalten, ihn aber auf das hin zu reflektieren, was er tatsächlich ist, denkender, empfindender sensitiver Körper und leibhaftiges Fleisch im Körper.

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