
Die Maske und was sie berührt
Eine phantastische Reflektion
Wenn ein Gesicht berührt wird, erstarrt dieses sogleich. Haut einer Hand, Haut eines Fingers auf Haut lässt Haut zu einer Maske erstarren, zur Maske des eigenen Gesichts erstarren. Die Person lässt sich betasten, hält still, um ein Wort als Antwort auf ihr Gesicht zu hören, vielleicht zu empfangen. Berührung ist die Nähe des Blicks aus dem Tastsinn heraus.
Von einer Blinden wahrgenommen wird die Berührung ihres eigenen Gesichts zwar ebenso zu einer Maske, ohne ein visuelles Bild der Berührenden aber, geschieht im Inneren der Blinden etwas anderes. Die Haut einer anderen bricht in ihr Gesicht ein.
Eine außenstehende sehende Person sieht den Vorgang und weiß einer blinden Person von ihm zu erzählen. Sie beschreibt ihr wie ihr Gesicht wird. Sie beschreibt ihr wie es zur Maske wird.
Die blinde Person, bislang nur blind gesehenes Objekt eines sehenden Subjekts, sieht dieses Objekt, das sie selbst ist, in der Erzählung einer sehenden Person. Sie erfährt durch ihre eigene Scham von der Entblößung ihres Fleisches, ohne dass irgendwelche Kleidung ihr ausgezogen worden wäre.
Die blinde Person sieht in der Beschreibung ihres berührten Gesichtes ihr Gesicht als ein zur Maske erstarrtes Gesicht. Die Beschreibung durch die sehende Person lässt ihr gespürtes Gesicht etwas anderes werden als was sie spürt.
Die sehende Person nimmt die Haut der anderen als einen Fremdkörper an ihrer eigenen Haut wahr. Das Bild der anderen, zumal hier gesehen, hilft der sehenden Person eine andere an ihrer Haut wahrzunehmen. Das Bild der anderen lässt die Berührung Züge einer anderen erhalten.
Die blinde Person hat kein visuelles Bild, das ihr helfen würde, diese Trennung zuordnend zu fassen. Sie beginnt in die Berührung hineinzuströmen, beginnt hinein in die andere zu wachsen, in sie hineinzufließen, sich in sie hinein fortzupflanzen und kein Bild hält sie noch davon ab, ihre Grenzen zu übersteigen.
Die Augen der Sehenden kommunizieren miteinander, finden Halt ineinander. Ungehaltene Augen, die Augen einer sehenden Person die von einer blinden Person nicht gehalten werden, weil sie sie nicht sieht, werden auf sich selbst zurückgeworfen. Sie lassen das ganze Gesicht erstarren. Der sehenden Person entfällt die andere als eine Möglichkeit eines Aus-Sich-Hinauskommen-Könnens. Sie reflektiert sich nur gegen sich selbst. Kein Blick holt sie aus ihrem Blick heraus, kein Blick bestätigt sie.
Eine Blinde
In der Wahrnehmung einer Blinden geschieht etwas ganz anderes. Gebremst von keinem visuellen Bild tritt die Blinde aus ihrer Haut in die Haut der anderen hinein, wird die Berührung, verschmilzt mit ihr. Auch sie erstarrt in gewisser Weise, es ist aber eher ein Stillwerden angesichts der Beobachtung eines Prozesses, dem sie an sich selbst nachspürt. Wenn sie genau hinspürt, fühlt sie sich in das andere hineinwachsen, nimmt keine Grenze mehr zwischen ihr und der anderen wahr.
Ungesehen wird das berührte Gesicht einer blinden Person zwar auch zu einer Maske für eine sehende Person, die das von der Blinden nicht gesehene Tun der sehenden Hand in sich als Bild eindringen lässt. Sie lässt das Bild aber vollkommen anders in sich eintreten, als wenn eine Sehende diesen Akt an einer Sehenden beobachtete, die sich gesehen berühren lässt.
Die Berührung bringt das Gesicht in einen Zustand, der nicht der entspannte Zustand des Gesichtes ist, auch wenn das Gesicht sich der Berührung hingibt. Nicht dass er ihr fremd wäre, eher dass der Augenblick nicht standhielte, der in einer jeden Bewegung sich immer nur verändert. Die Maske spielt. Die Maske spielt mit sich selbst. Die Maske spielt mit ihren Bestandteilen. In der Entspannung der Züge lässt sie sich auf eine Ruhe ein, um einen Normalzustand vorzugaukeln. Einen solchen normalen Zustand gibt es nicht. Das Gegenstück zur Maske ist die Verzerrung, ist die Groteske in der Literatur, die Fratze in der Mimik. Aber gespürt von einem Innen: worin läge der Unterschied und beruht das alles nicht einfach nur auf einer Zuschreibung, einer Andichtung von Sehenden? Erfinden sich Sehende hier nicht Gesehenes, um sich lediglich als eben die Sehenden ausgeben und bestätigen zu können?
Die Berührung, die die vermeintliche Entspannung hervorruft, ist für sehende Personen die Erwartung einer Beobachtung, für blinde Personen ein Übergriff, dem das Gesicht mit einer Erstarrung antwortet.
Während der erblindete Autor dies schreibt, sieht er vor seinem inneren Auge Arnold Böcklins Selbstporträt mit dem ganz nahe an seinem Ohr fiedelnden Tod und eben dieses Gesicht des Malers ist es, was für ihn die ungesehene Berührung eines Gesichtes verkörpert, eine Neugierde, eine Bereitschaft. Eine Bereitschaft wofür?
Als das blinde Mädchen das Gesicht des blinden Jungen zu berühren sucht, hält er es ihr hin und sie war überrascht, er hielt einfach still. Nur das sehende Mädchen, das die Szene beobachtete, war wie erstarrt, hatte sie doch in einer Weise geantwortet, auf die sie nicht nach alledem, was vorher geschehen war, gefasst gewesen war. Die Blinde fasste aber noch mehr Mut und fuhr der Maske hinein in das Gesicht, hoch zu ihren Augen, die gänzlich von Holz verschlossen waren, als sie leicht mit dem Zeigefinger darüber strich.
Der Berührte reagierte aber nicht, entpuppte sich nicht, gab in keiner seiner Äußerungen, weder in Geräusch noch Bewegung sich und eine seiner Emotionen zu erkennen. Er reagierte auch nicht, noch nicht einmal in einem Zucken auf das Anfassen, das bewusste Berühren seines Gesichts. Sie zog daraufhin die Hand etwas verschämt zurück, fragte sich aber insgeheim, ob sie am Tasten seines Gesichts nicht eine ihrer Freundinnen erkannt hatte.
Viel spannender aber erschien ihr dann doch wieder die Frage, was sich im Gesicht im Falle der Berührung des Berührten abspielte. War ein Ausdruck als Ausdruck etwa zu erkennen. Woran wäre dies festzumachen: war ein geschlossener Mund als Ausdruck einer bestimmten Einstellung, einer bestimmten Emotion, einer Verärgerung, einer Gleichgültigkeit, einer Resignation, einer beiläufigen Beobachtung zu deuten. Was an anderen Parametern des Gesichtes, der nicht tastbaren oder lesbaren Augen, der Spannung oder Anspannung der Haut, der Mundwinkel, der Augenbrauen, der Kopfhaltung war da noch hinzuzufügen, um eine Entscheidung, eine Beurteilung zu treffen, die obendrein immer eher intuitiv, vielleicht auch eher emotional zu treffen gewesen wäre.
Die Sehende hatte gesehen wie sich die Hand der Blinden ihm näherte, hatte es nicht missbilligt, zumal der Blinde, noch dazu ermuntert hatte sein Gesicht tastend zu erkennen. In Erinnerung an einst gesehene Bilder, überfluteten den Blinden all diese Bilder erneut und das Mädchen tastet ihnen nach ihn ihrer Berührung. Wie Masken waren sie, die da in Lichtgeschwindigkeit sich im Tasten selbst suchten. Das Mädchen sah den beiden zu, erfuhr den tastenden Finger an der eigenen Haut im Gesicht, wurde in seinem Anblick am eigenen Gesicht erwärmt, so, als ob sich die Berührung in ihr Gesicht hinein spürbar fortsetzte, obschon das Gesicht ja tatsächlich von einer Maske, wenn auch nur einer Halbmaske verdeckt war.
Jetzt aber glitt die Blinde entspannt, aber dennoch geradezu mit der Entschlossenheit einer Entdeckerin noch einmal in das blinde Maskengesicht, um dessen Wirkung, die Wirkung der Maske auf sich selbst und ihre Berührung, auf ihr Spüren zu erkunden.
Zunächst war da das glatte, feinpolierte Holz, die tief herausgearbeiteten Züge, dann aber, und im Hintergrund langsam aufkommend eine Atmosphäre, die alles zu durchdringen schien. Immer mehr nämlich spürte sie in der Berührung, wie das berührte Material durch die Berührung in sie hineingriff, wie es von seiner Seite begann nach ihr zu greifen, wie nicht mehr ihre Berührung es war, die das andere erkundete, wie das andere sie selbst und ihre Haut zum anderen machte. Dieses andere durchdrang sie nun eher, erkundete wiederum sie, reflektierte sich in ihr in einem jeden Atemzug, der nicht mehr von ihr zu kommen schien, den dieses andere in sie hineinatmete. Die Kraft schien sich mit ihr zu vermischen, sich mit ihr ausmischen zu wollen. Rhythmisch vollzog sich all dies, wie ein wellenartiges Wabern hinein in sie und von ihrem Atmen her hinein in das andere, das mehr und mehr nur als eines und ungetrennt erfahren wurde.
Wie ein Erwachen fühlte sie sich, nicht als ob sie wie am Morgen erwachte, eher als eine vollkommen zugleich objektive wie subjektive Erfahrung erfuhr sie sich, als Erwachtsein an sich, das ihrer Erinnerung nach in seiner Klarheit über alle Erfahrung von Erwachen und Wachsein hinausging. Ihrer Erinnerung nach. Aber was war das hier überhaupt noch, etwas, von dem her alles an Erinnerung abfiel, abtropfte, das etwas jetzt Raum gab, das eine Klarheit verkörperte, die so und in welcher Gestalt auch immer noch nie gespürt worden war.
Langsam hob sie ihre Arme und fasste sich ins Gesicht, streifte ihren runden Wangen, dem rundlichen Kinn nach. Fühlte, wie sie sich berühren fühlte, fühlte sich berühren und zugleich berührt werden und spürte jetzt aber noch etwas ganz anderes, für das ihr jetzt in diesem Augenblick noch die Worte fehlen sollten. Es war etwas Blaues und sie wunderte sich selbst über diese Formulierung, die ihr unwillkürlich in den Sinn geschossen war. Aber Blau war das einzige, worin sich dieses Gefühl ausdrücken lassen wollte: Alle Erklärungen aber schienen nur metaphorische Ausklänge dieses Worthinwurfes zu verkörpern. Aber gerade dieser Wortfindungsprozess war vielleicht der Beginn von etwas noch Unbekanntem. Vielleicht von etwas vollkommen Neuem. Blau schien das Wort für einen Zustand zwischen Berühren und Berührtwerden zu sein. Das ausführende metaphorische Nachsinnen ein verbales Protokoll für eine neue Art der Verkörperung und sein Fühlen und ein Gefühl hierfür.
Ein Raum, ein Raumgefühl genauer war es, dass sie einfasste, das sie einnahm, das sie auf eine nicht gekannte Weise durchdrang, von dem sie als etwas Aktivem wie zugleich Passivem sprechen wollte, etwas zugleich von einem innen heraus wie von einem außen her. Andererseits war es kein Raum, den sie außen oder von einem außen her spürte: es war sie selbst einzig und eingefasst und einfassend in einem. Sie war dieser Raum, war ein Volumen, war sein Volumen, spürte sich, erfuhr sich fühlend als eben allein dieses Volumen.

Form und ihr blindes Verschwinden
Bringt die Berührung aber zunächst überhaupt anderes hervor denn ein Verschwinden einer Form wie die eines Gesichtes, das die Berührung in Haut, Fleisch und Knochen trennt, das eben keine Gesichtsform hervorzubringen in der Lage ist, geschweige denn einen Ausdruck. Fleisch und Haut spürt Fleisch und Haut einer anderen Person, spürt die Fortsetzung von Fleisch und Haut in einer anderen, in eine andere Person hinein, in die hinein sie sich fortsetzt, bemerkend, dass es keinen trennenden Unterschied mehr geben kann. Der Finger fährt ihr entlang, zieht die Linie der Lippen nach, zieht ihren Schwung nach oben nach, deutet das Ertastete als Wohlwollen, stellt sich die andere Richtung der Mundwinkel vor, um auch sie zu deuten, um hieraus einen Missmut einen Unwillen herauszulesen.
Dann eine ganz andere Erinnerung: Sylt, der Friedhof von St Severin mit der Skulptur Pietà von Anna Chromy ohne Gesicht. Der Finger umrundet eine leere Kapuze, eine von einem Kopf entleerte Kapuze, die dennoch ausgebeult ist, als umschlösse sie einen Kopf in ihrem Rund.
Das Gesicht, und sobald man von ihm spricht, ist es die Stillstellung von Bewegung, könnte man ansonsten doch nicht von ihm als einem Zustand sprechen. Der Begriff ist Stillstellung aller Bewegung, ist der Ausschluss von Bewegung, die sonst eben in einer solchen nur ein Werden darstellen könnte. Nun ist aber ein jeder Zustand immer zugleich ein Werden. Ein Weg einer Entwicklung und am deutlichsten im Prozess des Alterns, dem sich ein Begriff seiner Umschreibung zu allererst zu entziehen sucht, indem er Festigkeit als sein Grundmuster vor sich selbst unterstellt und unterstellen muss.
Die erkennende Bewegung einer blinden Hand aber kann sich solchem Gesetz nicht unterwerfen. All ihr Erkennen ist doch zugleich der Zeit und der Bewegung unterworfen. Sie ist Zeit der Berührung und des Aufnehmens einer lebendigen sprich organischen oder anorganischen Zuständigkeit. Stellt sich aber das Berührte bei Berührung erst einmal still, um sich erfassen zu lassen, eine Stille, eine Unbeweglichkeit vortäuschend, die eher als ihre eigene Maskenhaftigkeit zu sehen ist. Von der Hand zur Erkenntnis stillgestellt, erfährt das Gesicht eine Bewegung die von ihr weg in die andere übergegangen ist: als wäre ihr Leben von der lebendigen Hand abgenommen worden.
Im Moment der Berührung geht die Bewegung also in die berührende Hand über, die berührende Hand, die im Tasten sich der Form des Gesichtes erkennend zu versichern sucht. Die Maske ist der Zustand eines Organischen das sich erfassen lassen will, das gestattet sich als solche erfassen zu lassen, das dies aber allein aus dem Grund tut, um sich hinter eben dieser, seiner Maskenhaftigkeit wieder zu verstecken, ein Dahinter dabei hervorbringend, das sich hinter dem Gesicht verbirgt. Die Berührung eines blinden Gesichtes ruft also eine Verspiegelung des Gesichtes nach innen hervor, die Haut des anderen treibt den blinden Blick nach innen hinein.
Die Maske, hervorgerufen durch die Berührung eines blinden Gesichtes, ist die Wiedergeburt im anderen durch sich selbst, führt aber auch in der Berührung zur Fortpflanzung des Gesichtes hinein in die andere Hand hinein in den Körper des anderen.
Die Berührung versteinert das Gesicht, den Körper zu einer Abbildbarkeit, andererseits lässt sie das Gesicht, den Körper im Berührenden anderen sich fortpflanzen, verändert sich und seine Identität durch die Berührung durch den anderen, die andere.
Berührung Maske und Tod
Die Maske ist der Übergang der Zeit einer oder eines Berührten in den Berührenden durch die Berührung. Die Maske verbirgt also nicht. Die Maske ist nicht das andere. Die Maske ist die Stillstellung als das, was Bewegung ausschließt, ist die Ahnung der endgültigen Bewegungslosigkeit, die Maske gaukelt Eigenschaften vor, hinter denen nichts mehr zu finden sein wird. Die Maske verbirgt hinter sich das Nichts. Die Maske ist damit aber nicht mehr abzunehmen.
In seiner Erzählung die Maske des roten Todes beschreibt Edgar Allan Poe das Erschrecken einer erlesenen Gesellschaft, die sich vor dem roten Tod, damals in einem hermetisch abgeschlossenen Palast irgendwo in der Toscana sicher wähnt, als bei einem Maskenball einer, mit Blut durchtränkten Leichentüchern eingewickelten Gestalt die vermeintliche Maske, vom Kopf gerissen werden soll und nichts sich hinter der Maske befindet. Die Maske verbirgt immer auch das abgrundtiefe Nichts, das Unverborgene, das Unfassbare, das nicht mehr Beschreibbare des absolut Gestaltlosen, und kein Splatterfilm ruft es hervor, sondern eben nur das nicht mehr in Worte Fassbare des Todes. Was aber erfährt der Finger, erfährt die Haut der blinden Person, die eben nicht, wie ein gesehenes Bild ein vermeintlich beschreibbares Etwas spürt, sondern seine Unfähigkeit einer gänzlichen Erfassung erfährt.
Sie erfährt ein Weiterwuchern, in etwas anderes Hineinwuchern, sich in etwas anderem fortsetzen, sie erfährt seine Nicht-Mehr-Beendbarkeit, sie erfährt seine Unbegreifbarkeit aufgrund seiner Nicht-Mehr-Begrenztheit, Nicht-Mehr-Einhegbarkeit und sei es durch einen Begriff oder ein Bild.
Form oder hier Körperform, geformt von Fleisch, Fett, Knochen, Muskel und Sehnen, verbirgt hinter sich das Nichts, wie der berührte Schädel immer von seiner Zukunft spricht als einer, in der er allein und tatsächlich für sehr lange Zeit übrig bleibt, alles formende Fleisch hinter sich lassend.
Das Gesehene ist die Maske, die sich jenseits von schön und unschön vor dieses Nichts stellt, von dessen Ende das aus Haut und Fleisch hervortretende Knochengerüst als unser aller Zukunft spricht. Die Maske ist das Bild, das sich über alle Erscheinung legt, ist das, was wir abzulegen uns wähnen, vergessend, dass wir nichts anderes als eben diese Maske sind, deren Ablegen durch reale Masken wir uns einüben zu können vorgaukeln.
In Hohlbeins Die Gesandten ist sie zu sehen, die endgültige Maske ganz unten im Bild, unaufgeregt, selbstverständlich. In Gustav Mahlers Scherzo der 6. Sinfonie ist sie zu hören, als das Klackern der Knochen und der Punkrock bringt sie in der Hardcoreband Die Kreuzen mit dem Song Pain auf den einfachsten Nenner, ein nicht mehr von sich loskommender Schrei.
Die Maske ist das innere Bild von Sehenden und Erblindeten, das sich einstellt bei allen Ereignissen anderer Sinne, mit dem die Erinnerung des Visus seinen Fluch auf alle Welt zu legen sucht, Welt bildhaft maskierend, sich in Vergangenheiten bedienend, die den Graben der Erblindung zu verdecken sucht, eine universale Blindheit aller, der Blinden wie der Sehenden verdeckend. Die Gesandten im Bild Holbeins sind eben jene Emissäre einer Sichtbarkeit, die als weltliche wie geistliche Vertreter einer Wirklichkeitsmacht sich Kunst wie Wissenschaft in metaphorischen Gegenständen auf einem Tisch sich in ihrer Berührung anzueignen suchen, den sie wie eine Okkupation allein mit der Hand sich unterwerfen und nur ihr unterschwelliges Ende legt einen sichtbaren Strudel offen, der alles in einem letztlich in sich hineinsaugt, der auf sie, den am anderen Ende des Tisches Stehenden einfach nur wartet.
Die Maske ist die Erfahrung der Welt im Geiste einer erblindeten Person, die sich immer bereits in ihr und vor ihr zurückgezogen hat, noch bevor sie sich ihr annähert.
Sie erwacht. Ein Traum. Was war das. Sie sucht zu räsonieren, setzt sich an ihren Schreibtisch und schreibt, wobei sie ihr Gesicht berührt. Sie schaut dabei in den Spiegel ihr gegenüber, erkennt in ihm die Hand, die sich ihr von hinten annähert, die von hinten ihr Gesicht berührt und sie erstarrt.