Videostill: Kassel 9.12.© Arianna Waldner

Zeit im Spiegel ihrer Verdoppelung

Über Kassel 9.12. der Regisseurin Arianna Waldner Bingemer

In seinem Stummfilm Der Student von Prag lässt Paul Wegener seinen Protagonisten, gespielt von Conrad Veidt, von seinem eigenen Spiegelbild verfolgen, das als sein Schatten sein Original töten wird: ein romantisches Sujet, dessen Verfilmung die Inszenierung einer Erzählung darstellt. Was aber, wenn der Film selbst seinen Wiedergänger, seinen Schatten erzeugt, welcherlei Beziehungen zwischen dem ursprünglichen Film, und nicht von ungefähr spricht der Autor nicht vom Original, stellt sich doch in dieser Art von Remake zuallererst die Frage, ob es sich von einem solchen nach seiner Verdoppelung überhaupt noch sprechen lässt.

Aber noch einmal und von vorn. Im Jahr 1967 dreht der Kunststudent Adolf Winkelmann einen Kurzfilm in seiner Universitätsstadt Kassel, in welchem er acht Minuten lang kurz vor Weihnachten durch die Straßen der Stadt geht, frontal dabei gefilmt von einer 16 mm Kamera, die er vor seinen Bauch geschnallt hat.

Die einfachste Erklärung seiner Intention wäre eine Auseinandersetzung mit dem Thema der Autorschaft, wie wir sie in der abendländischen Kunstgeschichte seit dem ausgehenden europäischen Mittelalter her kennen, wo etwa ein Adam Kraft sich selbst als Bildhauer unter sein Werk mit dem Hammer in der Hand postiert, das Werk, hier das Sakramentshaus zu St. Lorenz in Nürnberg, mit seinem Rücken stützend. Adolf Winkelmann stützt kein Werk, er ist in diesem Moment der Autor wie das Bild des Autors als Werk, er verkörpert beides in einem.

Da sieht der Betrachter, die Betrachterin also einen Regisseur und sieht ihn als Teil eines Werkes, das ihn selbst zeigt, ohne ihn freilich darzustellen. Noch genauer: was wird hier eigentlich dargestellt und kann man hier überhaupt von Darstellung sprechen: Ein Mann geht einfach durch Kassel und wird dabei von einer Kamera beobachtet, einer Kamera die auch beobachtet, wie der Regisseur bei seiner Selbstaufnahme von Passanten beobachtet wird. Ein Mann liefert sich dem Blick einer Kamera aus, die nur er bedient bzw. eingestellt hat. Der Betrachter, die Betrachterin betrachtet also die Bilder der Kamera und sieht dabei, wie der Regisseur sich selbst filmt und dabei betrachtet wird. Damit aber nicht genug: denn der eigentliche Film, um den es hier geht, beginnt erst jetzt, beginnt erst mit dem Abschluss von Adolf Winkelmanns Film, und es ist der Film der jungen Regisseurin Arianna Waldner, die Adolf Winkelmanns Film zum Anlass nimmt, nochmals durch Kassel zu gehen und sich dabei mit einem Handy zu filmen.

Adolf Winkelmann studierte Kunst am Ende der Sechziger Jahre, in einer Zeit, in der mit dem Strukturalismus in Frankreich in der Philosophie eine Diskussion im Gange war, die mit Roland Barthes und Michel Foucault den klassischen Autor in Frage stellte und mit Roland Barthes den Tod des Autor, so der Titel eines Aufsatzes von ihm, propagierte .

Nun bezogen sich Roland Barthes und Michel Foucault in ihren philosophischen Essays auf literarische Texte, dennoch dürften Künstler im Nachbarland aus derartigen Diskussionen Schlüsse für ihre eigene Arbeit gezogen haben, auch wenn mit dem Marxismus, der in damaligen Tagen in der BRD wie in Frankreich, sehr starken Einfluss hatte, Subjekt und Autorschaft mit Sicherheit ein großer und positiver Stellenwert eingeräumt worden war.

Videostill: Kassel 9.12.© Arianna Waldner

Die Regisseurin Arianna Waldner wiederum nahm sich Adolf Winkelmanns Material vor, betrachtete die Sequenz genau, eignete sich Bewegungen und Gesten an und spielte den Gang durch Kassel nochmal, drehte den Film nochmals mit sich als Autorin.

Im Film von Arianna Waldner sind beide Arbeiten parallel und synchron zu sehen, Adolf Winkelmanns Arbeit links Arianna Waldners Arbeit als Antwort auf die ältere Position rechts.

Adolf Winkelmanns Bewegungen, kaum zu sehen sind sie, eher schwebend bewegt er sich durch die Stadtlandschaft, die in ihrer Bewegung den Eindruck erweckt, als schöbe sie den Regisseur aus sich hinaus, löse sich von ihm, ziehe sich von ihm geradezu zurück. Umgekehrt könnte der Autor im Film Adolf Winkelmanns aber auch als ein ruhender Pol vor den Bewegungen der Stadt hinter ihm gesehen werden, ein fester Moment, der bleibt im Gegensatz zur Umgebung, die sich entfernt: eine Metapher für eine omnipotente Autorschaft als einzigem Garant für Welt überhaupt. Adolf Winkelmann dreht die Bewegung gleichsam um, wandelt seine Bewegung in Stabilität, zum einzig ruhenden stabilen Moment der Welt um ihn, die dafür sorgt, dass die Welt um ihn vor ihm zurückweicht. Und diese Welt ist die eines Autors, der sich in seiner Bewegung gegen die von Marx abgeleitete These zu stellen scheint, das vom Menschen Geschaffene, hier die in der Maschine vergegenständlichte Zeit, wendete sich gegen den Menschen. In seinem Film nun drückt sich ein selbstbewusster Anspruch aus, der bekundet, alles unter Kontrolle zu haben.

Damit würde die Kunst als Anspruch latent gegen Marx gewendet, erstünde ein Autor, den die Werke des Menschen scheinbar nichts anhaben können, der geschichtslos sich als letzte Instanz über alles zu erheben vermag.

An diesem Punkt kommt Arianna Waldners Position ins Spiel und das ganz wörtlich oder genauer bildhaft: sie löst die Gesten und Bewegungen von Adolf Winkelmanns Film, spielt sie nach, bewegt sich auf genau der selben Strecke durch Kassel der Königsstraße entlang um am Ende wie er auch eine Bratwurst am selben Kiosk zu essen und all dies, ohne es vorher geprobt oder eintrainiert zu haben.

In ihrer Verdoppelung karikiert die Regisseurin den Regisseur, beraubt ihn mit ihrer Kopie von Handlung und Idee gerade dessen, worauf er in seiner Arbeit besonders abzielt: seinen Anspruch als Autor seines Werkes, den der Schatten dieses Werkes dann doch wieder einholt und als Double in Frage stellt.

Figur und Kulisse
Adolf Winkelmann scheint in seinem Film einfach dazustehen. Indem dem Spieler/Regisseur aber weitestgehend die Bewegung vom Leib gehalten wird, überträgt das Auge des Betrachters, der Betrachterin die im Film sich vollziehende Bewegung auf die Stadtlandschaft, macht sie zu ihrem Subjekt, lässt Adolf Winkelmann selbst wie zu einem Foto erstarren, das in die Kulissenbewegung hineinmontiert erscheint, als hätten Subjekt und Objekt die Rollen getauscht. Dadurch hat der Betrachter, die Betrachterin den Eindruck, es würde hinter dem Regisseur ein Film mit den Bildern der Straßen von Kassel abgespielt, die sich wie unabhängig von ihm bewegen: ein Panorama scheinen sie zu sein, eine bewegte Fototapete, vor die ein Foto des Regisseurs gesetzt ist. Er wirkt eher angestrengt, wirkt starr, was wohl an der großen 16 mm Kamera liegt, die er vor den Bauch geschnallt hat und die ihn auch so stark atmen lässt - in der Winterkälte deutlich sichtbar, wie Arianna Waldner bei einer gemeinsamen Schau des Filmes betont.

Der erblindete Autor dieses Textes wird an Jean-Luc Godards Film Rette sich, wer kann (das Leben) erinnert, in welchem die Fahrt einer Fahrradfahrerin und ihre Bewegungen durch Schnitte und Unterbrechungen von der Landschaft getrennt erscheinen, der Landschaft, durch die hindurch sie sich bewegt, die sich unabhängig von den Bewegungen der Fahrradfahrerin zu bewegen scheint.

An den Bildern der Regisseurin des Remakes, Arianna Waldner, ist die Bewegung noch eher festzustellen als an Adolf Winkelmanns stabiler Erstarrung; ihre Haare bewegen sich im Rhythmus ihres Gangs, geben dessen Rhythmus wieder, ihre Augen sind leicht zur Seite gewandt, sie fordert niemanden trotzig heraus.

Geht das Reenactment als Wiederholung eines historischen Ereignisses von der Inszenierung des Ereignisses aus, nimmt Arianna Waldner die Idee eines performativen Kurzfilmes auf und kopiert Handlungen und Gesten in ihre Arbeit. Adolf Winkelmann wird so selbst zu einer Rolle, in die die Regisseurin aber nicht einfach schlüpft, die sie sich aber dennoch fleischlich-körperlich aneignet. Sie spielt keinen Adolf Winkelmann, sie kopiert die Umsetzung seiner Idee in der Art, in der dieser sie selbst umsetzte, sie kopiert die Umsetzung seiner Idee durch seinen Autor. Indem sie aber den Film nachspielt, zerfällt die ursprüngliche Intention des Adolf Winkelmann, das Zelebrieren seiner Autorschaft in der Verdoppelung der Autorinnenschaft einer Frau, die diese Austauschbarkeit solchen Bestehens auf Autorschaft in ihrer Verdoppelung ins Lächerliche zieht, sie genauso implodieren lässt wie alle auf dem Autor gegründete Subjektivität.

Arianna Waldner wird aber zu allererst zu einer Performerin, die mit ihrem Film einen vollkommen originären Beitrag zu Adolf Winkelmanns Film leistet, den filmischen Kommentar einer Frau fast fünfzig Jahre nach dem ursprünglichen Film eines Mannes.

Insofern wird sie nicht Adolf Winkelmann, sie wird die Bewegung, wird die Zeit, die diese Bewegung verkörpert und, um so genau wie möglich dieser Zeit zu genügen, schneidet sie in der Nachbereitung ihres Filmes die Zeit heraus in der deutlich werden würde, dass sie sich viel schneller bewegt als Adolf Winkelmann und synchronisiert so beide Filme, die sie parallel und nebeneinander in ihrer Arbeit ablaufen lässt.

Im Film gibt die Zeit das Betrachten vor, gibt das Quantum Zeit vor, das aufgewandt werden muss, um die Arbeit zu verstehen. Wie im Bild das Betrachten die eigentliche Realisierung des Bildes überhaupt übernimmt, löst sich die Zeit von der Betrachtung und tritt ihr gegenüber: nicht die Kontemplation, über die der Betrachter, die Betrachterin sich in das Bild gleichsam reflektierend hineindenkt, bestimmt sein Verständnis, sondern eben die Zeit der Bewegung, der der Betrachter, die Betrachterin folgen muss. Indem Arianna Waldner diesen ganzen Prozess nun nochmal verdoppelt, treten die verschiedenen Momente der Zeit überhaupt erst hervor. Da ist die Zeit des Materials, die auch für kleine Formate in den letzten 50 Jahre vom Schwarz/Weiß zu Farbe überging, da ist die Zeit der Umgebung, der Straßen und ihrer Veränderung, da ist die Zeit der technischen Entwicklung, abzulesen an der Haltung der Gehenden, das Gewicht der vor den Körper geschnallten Kamera im Gegensatz zum in der Hand gehaltenen Selfie-Stick.

Videostill: Kassel 9.12.© Arianna Waldner

In der Verdoppelung der Bewegung vervielfältigt sich die Zeit in diverse Zeiten. Gerade hierin aber widerspricht das Remake der ursprünglichen Intention, die aus dem Film von Adolf Winkelmann herauszulesen war: der Künstler als singulärer Moment der Ruhe gegenüber dem, was er als Bewegung in Gang gesetzt hat.

In Arianna Waldners Film verdoppelt sich die Zeit, indem sich die Kontinuität verdoppelt, die Bewegung der Zeit wiederum löst sich nochmal von der Architektur, die scheinbar das einzige ist, was sich bewegt, im Gegensatz zur Frau, die sich tatsächlich bewegt. Auch an den Bildern der Straße ist die Zeit als Geschichte zu sehen, wo Kaufhof etwa zu Galeria Kaufhof wird. Das filmische Bild unterteilt sich in etwas statisches, das sich zu bewegen scheint, und etwas bewegliches, das statisch zu sein scheint. Die Verdoppelung dieser in sich antipodischen Bewegung wiederum wird nochmals verdoppelt, indem parallel die gleiche Bewegung abläuft.

Die beiden Filme kommentieren sich gegenseitig, es reflektiert sich etwas in ihnen und nicht nur im neuen Film der ältere oder umgekehrt: es ist die Zeit selbst, die sich reflektiert und hier auch nicht eine bestimmte Zeit an und in einer anderen, es ist die Zeit an sich, die aus parallelen Bewegungen, parallelen Kontinuitäten synchron sich als Eine herauslöst, die Bestimmtheit ihrer je spezifischen Gestalt hinter sich lassend.

In einer Bewegung verkörpert sich Zeit und sie tut dies, indem sich eine wie auch immer erscheinende Gestalt sich bewegt. Der Betrachter, die Betrachterin sieht nur die Bewegung dieser Gestalt und sieht Bewegung nur in Gestalt. Verdoppelt sich diese Gestalt in ihrer Bewegung, ist der Betrachter, die Betrachterin in der Lage, die Gestalt von ihrer Bewegung zu trennen, er sie sieht Bewegung wie abstrakt, als reinige sich Zeit von dem Körper, der sie trägt, als löse die Verdoppelung der Bewegung die Zeit von der Bewegung, die sie zu ihrer Sichtbarmachung benötigt.

Dadurch zieht Arianna Waldners Interpretation von Adolf Winkelmanns Film durch Kopie den ganzen Film heraus aus der gegenständlichen Zeit auf eine existentielle Ebene, die für sie vielleicht die Essenz von Zeit in ihrer Arbeit darstellt.

Die Verdoppelung ist in solcher Spiegelung nicht nur als Reflektion von Rollen und Rollenmuster zu verstehen: es ist die Übernahme und Überzeichnung von Mustern des Habitus und das wird hier in einer Verspieltheit vorgeführt, die sie ganz allgemein in ihrer spätkapitalistischen Ausformung des Heute des Jahres 2016 so leicht wie ironisch bis hinein in Gesten und Mimik skizziert, dass in derartiger Offenheit durchaus eine Kritik an der Überheblichkeit konservativer naserümpfender Medienmoralisten gesehen werden könnte, mit der der sogenannten „Generation Selfie“ begegnet wird.

Die Zeit als Zeit der Betrachtung löst sich vom Betrachter, von der Betrachterin und verselbstständigt sich in der Bewegung und tritt dem Betrachter, der Betrachterin gegenüber, unterwirft sich ihn ihr indem er sie den Bewegungen folgen muss und seine Betrachtungszeit untersteht der Zeit, die die Bewegung dem Betrachter, der Betrachterin lässt, um zu verstehen, was sich wie und in welcher Zeit bewegt.

Die Zeit in Arianna Waldners Film zeigt die Bewegung nicht als natürliche Zeit: von der sich eigentlich bewegenden Figur löst sich die Zeit und zieht sich in die Gebäude zurück, in die Architektur zurück, das, was Zeit als Gebautes vergegenständlicht verflüssigt die Zeit gleichsam und stellt sie der ruhenden Zeit der Figur gegenüber.

Arianna Waldners Film ist also vor allem ein Experiment über die Abbildbarkeit von Zeit, deren Gestalten als vergegenständlichte Zeit in der Architektur sie in der Folge von Adolf Winkelmann ins Schwingen bringt. Sie dokumentiert in der parallelen Schau mit Adolf Winkelmann die Zeit als den unterschiedlichen Umgang der Menschen, die ihr als Ereignis der Filmenden begegnen. Ähnlich ist dies auch bei Adolf Winkelmann zu sehen. Bei ihm bleiben Menschen stehen und begegnen ihm mit Neugier. Davon ist in der Selbstverständlichkeit der Selfie-Zeit bei Arianna Waldner nichts mehr sichtbar. Blöde oder abfällige Bemerkungen wurden ihr zwar entgegengebracht, sie sind aber nicht im Bild dokumentiert. Die Frage stellte sich aber auch, ob die neugierigen in jedem Falle nicht abwertenden Reaktionen bei Adolf Winkelmann im Kontrast zu der Abfälligkeit bei Arianna Waldner einem unterschiedlichen Umgang mit Frau und Mann geschuldet sind.

Das Verhalten der Menschen wird hier anhand eines kleinen „Ereignisses“ und dem Verhalten, mit dem sich Menschen der unterschiedlichen Situation begegnen, sichtbar. Und hierin liegt der performative Charakter von Arianna Waldners Kurzfilm: einerseits das, was die Kamera zum Auge im Hinterkopf des Regisseurs macht. Andererseits die Aktion als Ereignis, als Performance selbst und die Reaktionen, die sie auf der Straße auslöst oder eben nicht auslöst.

Während Adolf Winkelmann in seiner vermeintlichen Loslösung der Menschen von der vergegenständlichten Welt durchaus eine Art dialektisches Verhältnis zwischen Mensch und den von ihm geschaffenen Umwelten aufscheinen lässt, bleibt in der Verdoppelung des Films durch Arianna Waldner von solcher Dialektik nichts übrig, verschwindet sie hinter seinem Schatten wie Conrad Veidt hinter seinem Doppelgänger.

Der Unterschied der gelebten Zeit ist nur in einer Gegenüberstellung beider Arten, wie sie historisch gelebt wurden möglich. Arianna Waldner ermöglicht aber nicht nur einen solchen historisch-soziologischen Blick. In ihrer Verdoppelung der Arbeit von Adolf Winkelmann kommt auch der Schatten des Doppelgängers als Schatten selbst mit herein, ein Double, das die einfachen dialektischen Auflösungen in Frage stellt.

Denn, und das wäre die erste Frage, was bleibt vom Autor noch übrig, wenn er selbst in einer Arbeit einer anderen Künstlerin kopierbar wird. Oder genauer: was verändert sich an der Intention des Autors bei bloßer Verdoppelung des Akts. Was dokumentiert ein dokumentarischer Film in seinem Remake. Dokumentiert er denn noch etwas anderes als seine eigene Relativität, die Relativität seiner Aussage.

Gebrochen verdoppelt die Bilder in der Musik. Die Musik, elektronisch bearbeitete Gesänge aus einem Kloster, deren Nähe zu Pseudospiritualität und Eso-Kitsch durch die Verfremdung Adolf Winkelmann entgegenzuwirken versteht.

Arianna Waldner verändert nichts an der Musik und sie tut gut daran, wirkt ihre Verspiegelung der Bilder durch die Musik zusätzlich in sich gebrochen, erhält eine Art Patina vom Hintergrund her, die wie ein falsches Echo den Betrachter, die Betrachterin narrt.

Die Zeit selbst, und hier in Gestalt der beiden historisch zu sehenden Filme, weist Adolf Winkelmann als Regisseur seiner Zeit aus, wie die Verdoppelung durch Arianna Waldner ihn als Mensch seiner Zeit ausweist, des Denkens seiner Zeit: das Denken über Autor und Autorschaft hat nur einen geschichtlichen Wert, ist längst an einem anderen Ort, der sich freilich genauso irgendwann als überholt erweisen wird.

Videostill: Kassel 9.12.© Arianna Waldner

Der Film Kassel 9.12. läuft:

http://www.kasselerdokfest.de/assets/downloads/Program_Schedule_Dokfest_2016_1210.pdf